Ohh mein Gott, wo wart Ihr denn............!

Ihr habt es versäumt, dieses betörende Szenario von raspelnden Knieschleifern, zusammengekniffenen Arschbacken, triefnassem Helmfutter und dicken TTS Schwaden in der Nase. Da hier jegliche nüchterne Betrachtung mit tiefer Emotion durchtränkt ist, müssen vorab gleich einmal zwei Dinge klargestellt werden, sozusagen als Präventivmaßnahme gegen eine überdimensionale Flut an e-mails. Erstens: Michaels Fuffi ist auf öffentlicher Straße illegal ! Wäre es möglich alle Veränderungen an Fahrwerk und Motor in einen Fahrzeugschein eintragen zu lassen, würde dieser sicherlich mehrere Seiten umfassen, das Thema TÜV wollen wir hier einmal völlig außer acht lassen........! Zweitens: Der Schreiber bekennt sich vorab öffentlich zum Glauben an die schaltbare Herrlichkeit einer VESPA.

Ausreichender Optimismus und Selbstvertrauen müssen schon vorhanden sein wenn jemand auf die Idee kommt aus einer Alltags-V50 eine fliegende Espressomaschine zu machen. Kriegsentscheidend ist aber sicherlich der beinahe religiöse Glaube ans eigene Tuningrezept. Unzählige Vespa-Evolutionsstufen, auf Grund zermahlener Kolben und Lagern von unzähligen gewonnenen und auch verlorener Ampelrennen, oder der Versuch von fein ausgewogenen Gemisch-Mixturen begleitet von unzähligen Schrauberflüchen, waren nötig um dieses Stück schaltbares Erbswurstgrün zu schaffen.

Mit derartige Allüren kann jedoch der großseriengelutschte Gulliver von Aprilia nicht dienen. Für jedoch knapp 4000,- DM gibt's dennoch ordentlich Schmackes, eine spritziges und spontanes Fortkommen und die Gewißheit eines würdigenden Blickes vom geschulten Auge der technikverwöhnten Praktiker bezüglich seiner Funktionalität und den begehrenden Blicken der vor den Cafés sitzenden Damen bezüglich seines Auftretens.

Neben zwei grundverschiedenen Rollerkonzepten, prallen hier ebenso zwei konträre Philosophien aufeinander. Zweitaktpower für den Freak trifft auf Zweitaktpower für´s Volk. Wer jetzt nicht erwarten kann zu erfahren, welcher Roller welchem mächtig eines mit der großen Klatsche gegeben hat, soll einfach ein paar Absätze weiter schauen.........

Aber auch die anderen erfahren jetzt gleich, daß die Schaltfuffi von Michael, im folgenden Erbswurst genannt, den Plastikscooter auf der Rennstrecke ansatzlos abgeledert hat. Warum dies passieren konnte, haben sich mittlerweile zwei Theorien verfestigt: Die eine besagt, daß die Rennleitung Peter und Martin ( in diesem Fall nur Martin ) die Hauptschuld trägt, weil er sich nämlich beim Austüfteln der Rennstrecke gleich in der ersten Kurve mit Schröders Gulliver auf´s Ohr gelegt und empfindliche Plastikteile verletzt hat und somit ein optimaler cw-Wert nicht mehr vorhanden war...!?!

Die andere besagt, daß schnelles Tesafilmvariatortuning zwar schneller macht aber böse Einbußen beim Abzug mit sich bringt, näheres hierzu bei den Feintuningspezialisten Jan ("Godfather of Tuning") und Schröder. Bevor wir nun zum eigentlichen Rennen kommen, ist noch von den Eindrücken der Rennleitung beim inoffiziellen Testen der Konkurrenzfahrzeuge auf der Rennstrecke,zu berichten : Michaels Erbswurst bietet dem Fahrer von Anfang an eine perfekte Show, kein Zündschlüssel, kein Starterknopf, das heißt einen Fuß fest auf den Boden den anderen auf den Kickstarter und dann beherzt mit Einsatz allen Körpergewichts hinuntergetretten ....
- kaum daß der erste Funken das Gemisch zur Explosion gebracht hat, gibt´s ein mittleres Erdbeben, deutlich enthemmter als bei jeder Serien V50 versucht einen der gewaltige 75 ccm Kolben bei jedem Gaszupfer aus dem Sattel zu heben. Ein bestialisches Ansauggeräusch erteilt bereits einen Vorgeschmack auf die riesige Lunge des Einzylinders.

Strunzlangweilig, aber perfekt dafür der Gulliver. Zündung an, Kurzer Zug am Choke und an der Bremse, einmal über den Anlasser gestreichelt und spontan meldet sich der freche 50er Zylinder samt Kolben mit etwas heiserer Stimme zum Dienst. Zartes Anklopfen mit dem Gasgriff vermittelt, verglichen mit der Erbswurst, das Gefühl, daß im Gullivermotor gar keiner zu Hause ist. Schröder nennt dies schlicht Laufkultur.



Diese beide unterschiedlichen Charaktere sollten sich auf der Rennstrecke noch deutlicher zeigen. Die Anfahrt zum Startplatz auf den Top des Mickhauser Berges erfolgte gemeinsam auf den Rennboliden unter der Führung der Rennleitung. Kaum einer der Kontrahenten fuhr Vollgas, geschweige denn, gab man alles seiner ausgefeilten Kurventechnik preis, jeder hielt sich bedeckt, keiner wollte seine Stärken und Schwächen zeigen. Das Quartett wurde am Startplatz vom begeisterten Publikum und den Servicefahrzeugen begrüßt. Sofort machte sich eine für jeden deutlich spürbare Anspannung und Hektik breit. Nach der technischen Abnahme der Renngeschosse bekam Michael sein Handicap in den Rucksack gepackt, man hatte sich auf 500g pro überzähliges Kubik geeinigt, was exakt dem Gewicht von 10kg Katzenstreu und 2x1250g Chappi Familiendose entspricht. Die beiden Kontrahenten wurden nun ihren Startpositionen geführt - es sollte nach Le Mans Art gestartet werden. Kaum daß der Startschuß über den Platz hallte, waren beide Wahnsinnspiloten schon auf ihren Fahrzeugen und unter ohrenbetäubendem Lärm startete dieses alles entscheidende und einmalige Rennen.

Michael konnte sofort seine Fuffi mit Hilfe seiner neuen "ich schieb dich aus dem Quark-Technik" auf die Spitzenposition bringen. Schröder hingegen, obwohl er beim Start auf Platz eins gesetzt war, konnte sich, vermutlich durch Michaels unerwartete Sprintqualitäten geschockt, nur an den Auspuff der Erbswurst klemmen. Beim ersten Teilstück der Strecke, der Bergabfahrt, versuchte Schröder durch " extreme hanging-off ", sowie durch Zerschinden der Reifenflanken den vermasselten Start wett zu machen, was ihm auch bis zum nächsten Teilstück, der Kurzsprintstrecke mit Wendepunkt, gelang - Michael , obwohl zur Unbeweglichkeit verdammt, auf Grund seines 12,5kg Handicaps im Rucksack, meisterte diesen Rennabschnitt erstaunlich gut und konnte seinen Vorsprung weiter ausbauen. Das dritte Etappenstück, die Bergfahrt, meisterte die Erbswurst souverän und es wurde deutlich, daß Schröders Tesafilmvariatorfeintuning nicht den gewünschten Erfolg brachte. Im letzten Rennabschnitt, den Schikanenteil mit dem Schweineberg, mußte Kringl mit deutlich verringerter Geschwindigkeit einfahren, da ihn ein Müller-Milch-Laster ausbremste. Schröder hingegen, jetzt bereit noch einmal alles zu geben, hatte freie Fahrt und ging nun in den Rollsplittkurven bis an die Grenze seines Fahrwerkes, was ihn böse um mind. 1m versetzte, jedoch in keiner Weise die Kontrolle über seinen Rennhobel verlieren ließ und er somit mit wesentlich höherer Geschwindigkeit auf den Schweineberg zuschoß.

Kringl, der mittlerweile den 1000-Yards-Blick aufgelegt und den ersten Gang für den Schweineberg (20% Steigung!) eingelegt hatte, mußte nur wenig von seinem Vorsprung einbüßen und konnte sich nach dem Absolvieren des Schikanenstückes um die Dorfkirche auf den Heimweg machen. Schröder hatte mit unerwarteten Leistungsverlusten seines Gullivers am Schweinehügel zu kämpfen, was er wiederum durch tollkühne Fahrmanöver im Schikanenstück auszugleichen versuchte, dennoch verlor er seinen Kontrahenten aus den Augen und mußte nicht mitansehen wie die Erbswurst ungebremst ins Ziel fuhr. Begeisterte Massen empfingen die beiden eisenharten Teufelsfahrer am Ende ihres nervenaufreibenden Rennens. Nachdem Kringl den Siegeskranz umgehängt bekommen und beide ihren Siegeschampagner verspritzt hatten, war allen klar, daß dies nur der Beginn einer neuen, spannenden Rennserie sein kann!

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